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GCM 3-2017

. m o c o t o h p k c o t s i – 5 2 r o s s o f o r P © GERMAN COUNCIL . INTUITION müssen sie überprüfen, ob die Regel eingehal- ten wird. Fragen Sie nur den Biertrinker, wie alt er ist oder forschen sie auch bei einem an- deren Jugendlichen nach? Hier noch einmal die Regel, die es zu überprüfen gilt: »Wer Bier trinkt, muss mindestens sechzehn Jahre alt sein.« Gerhard Schurz: »Jeder sieht sich dann den 14-Jährigen an – wird in diesem Beispiel per- fekt beherrscht und im anderen Beispiel, ob- wohl es logisch genau dieselbe Aufgabe ist, beherrschen es höchstens zwei, drei Prozent aller Versuchspersonen.« In anschaulichen Situationen, in denen es um soziale Konventionen geht, können fast alle Menschen bestimmte logische Schlüsse zie- hen, an denen sie hingegen scheitern, wenn sie in abstrakter Weise formuliert werden. Lo- gisches Denken scheint in der Evolution be- lohnt worden zu sein, weil es hilft, soziale Situ- ationen zu bewältigen. Die Fähigkeit, etwas als wahr oder falsch einzuschätzen liefert ei- nen Überlebensvorteil. Darüber hinaus hat die Evolution noch ganz andere Phänomene her- ausselektiert, erklärt Gerhard Schurz: »Es gibt natürlich auch evolutionäre Effekte unseres Überzeugungs- und Glaubenssystems, die vom Wahrheitswert unabhängig sind. Ich habe das als verallgemeinerten Placeboeffekt bezeichnet. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Wenn sie der Überzeugung sind, dass die Krankheit, an der sie leiden, von ihnen überwindbar ist und bald verschwunden sein wird, dann wer- den sie frohen Mutes und lebensfroh die Krankheit zu überwinden versuchen, unab- hängig davon, ob das wirklich zutrifft oder nicht. Das heißt, der bloße Glaube an ein posi- tives Ereignis gibt eine gewisse Kraft, ein ge- wisses Selbstvertrauen und das nenne ich den verallgemeinerten Placeboeffekt.« Menschen neigen zu vorschnellen Generu­ lisierungen Studien zeigen: Der Placeboeffekt hat sich tief in unser Denken eingegraben. Psychologen sprechen zum Beispiel auch von »inductive overconfidence«, von dem übertriebenen Ver- trauen, rasch eine Regel finden zu können. Gerhard Schurz: »Inductive overconfidence in dem Sinne, dass der Mensch schon aus sehr kleinen Stichproben geneigt ist, vorschnelle Generalisierungen durchzuführen. Diese in- ductive overconfidence hat natürlich auch ihre Vorteile, wenn man sehr schnell schlie-  GCM 3 / 2017 Placobooffokt: Glaubo an oin positivos Rosultat gibt Kraft. ßen muss, also wenn man gezwungen ist, sich zu entscheiden, ob man in die oder in die Richtung weiter wandern oder dorthin gehen will, wo es vermutlich die bessere Nahrungs- quellen, Nahrungsressourcen gibt. Dann muss man sich sehr schnell entscheiden. Natürlich kann die inductive overconfidence auch zu Fehlschlüssen führen und dann vor allem im sozialen Bereich bewirken, dass man Leute schnell aburteilt, über den Kamm schert, vom Äußeren auf das Innere schließt. Also diese ganze Vorurteilsbildung hängt natürlich auch mit inductive overconvidence zusammen.« Natürlich sind solche raschen Entscheidungen fehleranfälliger und risikobehafteter als gründ- lich durchdachte Entscheidungen. Aber manch- mal sind sie eben unausweichlich, meint Mar- kus Knauff: »Also wenn man sich fragt, warum Menschen denn überhaupt Fehler machen, dann ist es so, dass wir grundsätzlich über die Kompetenz verfügen, logisch richtig und was Wahrscheinlichkeit betrifft richtig zu denken. Aber dabei gibt es jede Menge Beschränkun- gen unseres kognitiven Systems.Wir haben nicht beliebig viele kognitive Ressourcen zur Verfügung, nicht alle Informationen stehen zur Verfügung.« Das Arbeitsgedächtnis des Gehirns kann nur eine begrenzte Menge an Informationen spei- chern und verarbeiten, wohingegen die Viel- falt von Information aus der Außenwelt prinzi- piell unbegrenzt ist. Daher, so Magnus Knauff, müssen wir auch die sogenannten Heuristiken ins Reich der Rationalität einbeziehen, die in den vergangenen Jahren ausgiebig erforscht wurden. Dabei handelt sich um Faustregeln, die man in- tuitiv benutzt, wenn etwas allein mit dem Ver- stand nicht mehr zu bewältigen ist. Man ver- wendet dann zum Beispiel ein altes Denkmus- ter, das sich schon einmal bewährt hat. Oder konzentriert sich auf ein oder zwei hervorste- chende Wegweiser einer Situation und ver- nachlässigt die anderen. So gesehen umfasst Rationalität alle Formen des Denkens, die gera- de die effizienteste Lösung eines Problems ver- sprechen. Markus Knauff: »Ich glaube, dass die Umwelt unterschiedliche Anforderungen stellt, was wir als rational betrachten wollen. In manchen Situationen müssen wir uns zwischen zwei Al- ternativen entscheiden, dann hilft uns auch klassische Logik wirklich weiter. In manchen Fällen müssen wir aber auch entscheiden, ob etwas wahrscheinlicher oder unwahrscheinli- cher ist, dann hilft uns die Wahrscheinlich- keitstheorie. In manchen Fällen reicht es uns auch, wenn wir mit einer guten, aber nicht un-

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