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GCM 3-2017

GERMAN COUNCIL . INHALT INTUITION GERMAN COUNCIL . INtUItION GERMAN COUNCIL . INtUItION LOGIK UND INTUITION Die andere Seite der Vernunft Lange Zeit galt Logik als höchster Maßstab für Rationalität. Inzwischen aber beruhigen Psy- chologen und Evolutionstheoretiker gleicher- maßen: Der Mensch denkt im besten Fall lo- gisch und in Wahrscheinlichkeiten – aber dazu immer auch intuitiv. Manch einer, der sich eher auf sein Bauchgefühl verlässt, kommt damit ziemlich gut durchs Leben. Das fünfte Jahrhundert vor Christus: Am An- fang steht der »nous«. Mit ihm, erklärt Parme- nides, erkennt der Mensch das Wesen des Seins. • Prämisse : Alle Menschen sind sterblich. • Prämisse : Parmenides ist ein Mensch. Das dritte Jahrhundert vor Christus. Aristoteles entwickelt die Logik als ein eigenständiges System richtiger Schlüsse. • Schlussfolgerung: Parmenides ist sterblich. Das 19. Jahrhundert. Logik wird mathemati- siert und zum umfassenden Konzept formalen Denkens ausgebaut. Man beginnt, rationales . m o c o t o h p k c o t s i – y t f e l e h t Aristoteles entwickelte die Logik als ein eigenständiges System richtiger Schlüsse im 3. Jh. v. Chr. Denken und Logik gleichzusetzen. Intuition: zur Nebensache degradiert. • Wenn es regnet, dann ist die Straße nass. • Die Straße ist nass. • Ergo: Es hat geregnet. Die Gegenwart. Wir halten uns nicht an die Re- geln der Logik, Wahrscheinlichkeitstheorie, ma- thematischen Entscheidungstheorie und so wei- ter. Kehren wir zu einer ganzheitlicheren Sicht menschlichen Denkens zurück? Markus Knauff: »Und die Frage ist, wie können wir das erklären, warum tun wir das?« Es klingt irgendwie logisch, ist aber natürlich falsch. Denn Wenn-Dann-Aussagen kann man nicht so ohne Weiteres umkehren. Es könnte schließlich sein, dass die Straße nass ist, weil die Straßenreinigung unterwegs war. Aber es lässt sich nicht leugnen: Menschen machen © e n n o S s a h t a M © i mitunter solche Denkfehler, und zwar gar nicht so selten. Nächstes beispiel: • Wenn Menschen logisch denken, dann sind sie rational. • Menschen, die nicht logisch denken, sind nicht rational. »Man sollte eigentlich von den Rationa- litäten sprechen« Wer logisch richtig denkt, erfüllt sicher ein wichtiges Kriterium für Rationalität. Aber heißt das auch, dass jemand irrational ist, wenn er nicht den ehernen Regeln der Logik folgt? »Ich bin sehr davon überzeugt, dass es über- haupt nicht die eine Norm gibt, mit der sich menschliches Denken beschreiben lässt oder an der sich menschliches Denken messen las- sen muss. Ich glaube, man sollte eigentlich nicht von der Rationalität sprechen, sondern von den Rationalitäten.« Markus Knauff, Psychologieprofessor an der Universität Gießen, will die alten Dogmen über- winden, die Rationalität allzu stark an die philo- sophische Logik binden: »bisher war es so, dass die Philosophie definiert hat, was wir als ratio- nal betrachten wollen und die Psychologie hat sich an diesem Sollwert dann orientiert und un- tersucht, wo Menschen von diesen Normen ab- weichen. Und die Idee unseres Schwerpunkt- programms ist, Psychologie und Philosophie zu verbinden, weil die beobachtung ja auch ist, dass Menschen, selbst wenn sie von manchen Normen, die aus der Philosophie kommen, ab- weichen, im Leben durchaus gut zurechtkom- men und auch vernünftige Entscheidungen treffen.« Seit dem Jahr 2011 versucht ein Schwerpunkt- programm der Deutschen Forschungsgemein- schaft zwei Fragen zusammenbringen. Knauff ist der Sprecher: »Die zwei Fragen lauten: Wie sollen wir denken? Und wie denken wir wirk- lich?« • Alle Franzosen sind Weintrinker. • Einige Weintrinker sind Gourmets. • Also gilt: Einige Franzosen sind Gourmets. »Ein typisches beispiel, womit sich der Logik- lehrer auch in seinen Veranstaltungen herum- schlägt. Wir wissen, die Prämissen sind wahr, wir wissen, die Konklusion ist wahr, also scheint uns der Schluss plausibel.« Die Straße ist nass, also muss es zwangsläufig geregnet haben. Oder? Gerhard Schurz, Professor für theoretische Phi- losophie an der Universität Düsseldorf, ein Spe- zialist für Logik, Evolutions- und Wissenschafts- theorie: »Und jetzt muss man klar machen, aber im logischen Sinne ist er nicht gültig, weil es ja sein könnte, dass die Prämissen wahr sind, dass also tatsächlich die Franzosen alle Weintrinker sind, aber von Gourmet und deli- kater Nahrungszubereitung nichts verstehen. Das ist nicht in unserer, sondern in einer lo- gisch möglichen Welt der Fall, und die logische Gültigkeit soll ja nicht nur in unserer faktischen Umgebung gelten, sondern in allen möglichen Umgebungen. Das ist das Kennzeichen der de- duktiven Logik, dass der Schluss mit Sicherheit, also in allen möglichen logischen Welten gül- tig ist. Diese Unterscheidung ist für den prakti- schen Menschen nicht immer wichtig, meis- tens würde ich sogar sagen 'nicht wichtig' und daher wird sie im Alltag auch nicht gemacht.« rationales verhalten besteht aus drei unter- schiedlichen denkweisen Warum sollte man sich die Mühe machen, abs- trakte Schlussregeln einzuhalten, wenn man . m o c o t o h p k c o t s i – o l l o © . m o c o t o h p k c o t s i – z n a r f o d R © i Dr. Martin Hubert  GCM 3 / 2017 Univ.-Prof. Dr. Gerhard Schurz Prof. Dr. Markus Knauff Typische Franzosen: Weintrinker und Feinschmecker GCM 3 / 2017   GCM 3 / 2017 GERMAN COUNCIL . INtUItION GERMAN COUNCIL . INtUItION DAS WARENHAUS ALS BAUCHGEFÜHL Der Universalist lebt. Davon ist Karstadts ehemaliger Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. helmut Merkel überzeugt. Zumindest dort, wo viele Passanten sind und der Warenhausauftritt Gespür fürs Ganze beweist. y t a m r a y G s n e J © . m o c o t o h p k c o t s i – r J y e n g n a T s i n e D © Herr Merkel, 2006 legten Sie ihr Vorstandsman- dat bei der Arcandor AG (zuvor Karstadt Wa- renhaus AG, heute Signa-Holding) nieder. War das eine Kopf- oder Bauchentscheidung? Helmut Merkel: Primär eine des Kopfs und des Aufsichtsrates. Als ich 2003 das Mandat übernahm, hatte der Konzern eine extrem schwierige Phase. Nicht die Warenhäuser oder das Versandgeschäft, sondern thomas Cook verursachte damals Probleme. Mit dem An- schlag auf New Yorks Zwillingstürme im Sep- tembers 2001 geriet das Reisegeschäft in einen drastischen Sturzflug. Am Jahresende verlang- ten die Wirtschaftsprüfer eine buchwertkorrek- tur, was den Konzern in eine dramatische Schief- lage brachte: In der 9-Mrd-DM-bilanz stimmte keine bankkennziffer mehr, die Geldhäuser ver- langten mehr Sicherheiten. Und zwar sofort. Das damalige Management reagierte mit Kos- tenkorrektur und Personalabbau. So begann ein stetiger Umsatzabfall. In dieser Situation übernahm ich 2003 den Vorsitz von Wolfgang Urban. Was folgte, war eine Zeit der Restruktu- rierung großen Stils: z.b. wurden die kleinen Warenhäuser verkauft, die Lebensmittelabtei- lungen in ein Joint-Venture mit Rewe einge- bracht, bereiche outgesourct und ein Sanierung- starifvertrag mit den Gewerkschaften verhan- delt. 2005 gelang es uns, die Umsätze zu stabili- sieren. Ab 2006 ging es wieder aufwärts. Weil es das Jubiläumsjahr zum 125-jährigen bestehen war, stiegen die Gewinne sogar wieder kräftig. Trotz des Erfolgs stiegen Sie aus? Helmut Merkel: Ja, ich durfte mein Mandat niederlegen. Die Entscheidung war im Sinne des Aufsichtsrats. Der wollte von der Sanie- rungsstimmung wieder ins Normalgeschäft hin- übergleiten, was andere Managementkompe- tenz erfordert. Persönlich war ich froh, die furchtbar anstrengende Zeit hinter mir zu las- sen. Der break war meine Chance, in die hei- matstadt meiner Frau, nach hong Kong, über- zusiedeln und unsere Kinder an dieser Kultur partizipieren zu lassen. Für Arcandor habe ich in hong Kong noch den Verkauf der damals konzerneigenen Sourcingorganisation an Li & Fung arrangiert und auch vollzogen. Welche Rolle spielt das Bauchgefühl bei der Sa- nierung von Unternehmen? Helmut Merkel: Verlustsituationen sind immer von hard Facts geleitet, also von der Ratio. Emo- tional ist der Ausblick. Der Glaube, dass es eine Zukunft gibt und dass die Fähigkeiten aller be- teiligten die Situation zu einem besseren wen- den wird. Selbst habe ich immer ans Warenhaus geglaubt, wenn auch nicht an jedem Standort in Deutschland. An welche Standorte haben Sie geglaubt? Helmut Merkel: Wir untersuchten die handels- landschaft nach genauen Attributen. 60 Städte hatten die nötige Frequenz und Kaufkraft für eine höherpositionierung. Doppelstädte mitgezählt er- gab das 89 häuser plus vier Premium-häuser. bei damals ca. 300 Departmenstores gab es demnach viele, für die wir keine Zukunft sahen. bis 2006 gründeten wir 74 Kleinstadtfilialen er- folgreich aus und riefen die Premiumgruppen ins Leben. Zum Premiumstandort taugten nach unserer damaligen Sicht vier häuser: das KaDe- We, das Alsterhaus hamburg sowie Frankfurt und Dresden. hier stimmte die Frequenz der Passanten, aber auch die der touristen. Deshalb hatten sie das Zeug zur Destination. Patrice Wagner, heute Präsident der Le bon Marché Gruppe, verantwortete damals die Premium- sparte. trotz Sanierungskurs gelang es uns 2004, Mittel für die Sanierung des KaDeWes und Alsterhauses loszueisen. Ihr Upgrade war in der Krise ein wichtiges Signal. Für die 89 Großstadt- häuser fehlten uns die Ressourcen zur Moderni- sierung. In jedes haus nur eine Mio. Euro ge- steckt, hätte eine Gesamtinvestition von knapp 100 Mio. Euro bedeutet, aber fast nix bewirkt. Wann waren Sie zuletzt in einem Kaufhaus? Helmut Merkel: Letzten Monat in toronto. Ich wollte mir hudson bays neugegründetes Saks of Fifth Avenue anschauen. Ableger des New Yorker Luxusoutlets gibt es seit Juni auch in den einstigen Kaufhoffilialen Düsseldorf und Frank- furt. Der in Stuttgart ist in der Entwicklung. Helmut Merkel in seinem Büro in der Firma Eurasia in Hong Kong Mich hat das Konzept begeistert. Ob Visual Mer- chandising, Interieur oder Präsentation – alles ist erste Sahne. Wer heute mit dem handelsfor- mat Warenhaus überleben will, muss auf allen Dimensionen für Erstklassigkeit sorgen. und Leistung. Aber statistisch gesehen verdient kein Loyalitätsprogramm seinen Namen, weil sie nicht funktionieren. Sie sind Datensammelsyste- me mit bonusfunktion für alle, die öfter als die anderen kommen. Demnach entwickeln deutsche Warenhäuser wieder ein Gespür für ihre Kunden? Helmut Merkel: Egal, wie exakt das Gespür des händlers ist, ein Garant, dass Konsumenten bei ihm kaufen, ist es nicht. In Modegeschäften liegt die durchschnittliche besuchshäufigkeit bei 18 Mal pro Jahr, in Schuhläden sind es vier- mal. Am loyalsten sind Lebensmittelkäufer. Die Filialen werden bis zu 150 Mal aufgesucht. Das spricht für eine gewisse Zufriedenheit mit Preis Früher zog das Universelle Menschen ins Kauf- haus. Warum kommen Kunden heute? Helmut Merkel: Dass der Universalanbieter tot ist, ist eine behauptung, mit der Medien schon zu meiner Zeit die Karstadt-Krise zu begründen versuchten. Auch Otto, Quelle und Neckermann versuchte man so totzureden. Doch der Lauf der Geschichte beweist: Nicht der Universalanbieter hat sich überlebt, sondern ein bestimmtes Ge- schäftsmodell des Universalanbieters. Mit blick auf Amazons transaktionsgeschehen erfreut sich der Universalanbieter wirtschaftlich bester Gesundheit. Und auch Otto bewies einen lan- gen Atem. Ist also Vielfalt immer noch der größte Mehr- wert des Warenhauses? Helmut Merkel: Der Mehrwert des Warenhau- ses ist das Warenhaus selbst. Stimmt die Atmo- sphäre nicht, wird auch alles andere nichts hel- fen. Pionieren wie Le bon Marché und Wert- heim wollten faszinieren. heute, nach mehr als 150 Jahren Konsumgesellschaft, sind die Kun- den abgestumpft. Sie wollen nicht ständig faszi- niert werden, schon gar nicht bei täglichen be- sorgungen. Deshalb funktioniert das Kaufhaus GCM 3 / 2017  4 Logik und Intuition 18 Das Waronhaus als Bauchgofühl german council 01 Vorwort intuition 04 Logik und Intuition 16 Think digital, act analog 18 Das Warenhaus als Bauchgefühl 22 Match bei »weiblicher« Intuition 24 Können Projektentwicklerinnen mit und »männlicher« Ratio weiblicher Intuition besonders punkten? vor ort Politisch, digital und kulinarisch 28 Deutsches Shopping-Center Forum 2017: 32 Interaktive Ausstellung »Deine Stadt, 34 Tag der Immobilienwirtschaft 2017 38 Zweite D-A-CH Konferenz in Stuttgart 41 German Council Congress 2017: Dein Marktplatz, Dein Shopping Center« Programm, Referenten und Anmeldung impressum herausgeber redaktionsteam bezug verlag drulk German Council of Shopping Centers e. V. Bahnhofstraße 29 D-71638 Ludwigsburg Telefon 07141.38 80 83 Telefax 07141.38 80 84 office@gcsc.de www.gcsc.de beauftragter des herausgebers Rüdiger Pleus lhefredaktion Ingmar Behrens (v.i.S.d.P.)  GCM 3 / 2017 Tobias Appelt, David Huth, Susanne Müller, Thorsten Müller Steffen Uttich, Rahel Willhardt gastbeitrge Wolfgang Gruschwitz, Dr. Martin Hubert, Denny Vorbrücken Mitglieder des GCSC e. V. verbreitung Das German Council Magazin hat eine Reichweite von rund 20.000 Lesern (inkl. Onlineversion). Covermotiv Strichpunkt Design, Stuttgart GCM-Verlag c/o Behrens und Behrens GmbH Geschäftsführer und Verleger: Ingmar Behrens Dorfstraße 64 24107 Kiel-Ottendorf Telefon: 0431.66 111 88 11 Telefax: 0431.66 111 88 88 www.behrensundbehrens.de www.gcsc-magazin.de Kunst- und Werbedruck, Bad Oeynhausen Das German Council Magazin ba siert auf In for mationen, die wir als zuverlässig ansehen, eine Haftung kann nicht über nommen werden. 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