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GCM 3-2017

GERMAN COUNCIL . INSIGHT DIE SINNHAFtIGKEIt DEr VIDEoüBErwACHUNG Eine Analyse des Forschungsstandes Seit mehr als 20 Jahren werden Flughäfen, Bahnhöfe und andere öffentlich zugäng- liche orte in zahlreichen deutschen Städten aus Gründen der Sicherheit mit Videoka- meras überwacht. Durch die Bedrohung des islamistischen terrorismus und insbeson- dere nach dem gescheiterten Bombenan- schlag auf den Bonner Hauptbahnhof im Jahr 2012 werden Ausmaß und Zweckmä- ßigkeit der Videoüberwachung in Deutsch- land von politischer Seite umfassend und kontrovers diskutiert und daraus ergab sich die Einführung des Videoüberwachungs- verbesserungsgesetz im März dieses Jahres. Das Gesetz sieht explizit die Möglichkeit der überwachung in Einkaufszentren vor, löst aber nicht die trotzdem bestehenden datenschutzrechtlichen Probleme. Die Befürworter der Videoüberwachung (VÜ) sehen eine abschreckende Wirkung der Ka- meras auf potenzielle Täter aufgrund eines erhöhten Entdeckungsrisikos sowie die Auf- klärung von Straftaten mithilfe dieses objek- tiven Beweismittels. Dadurch steigt das Si- cherheitsgefühl in der Bevölkerung spürbar an. Die Gegner der VÜ argumentieren hinge- gen damit, dass die VÜ nicht zur Reduktion von Straftaten, sondern lediglich zur Verlage- rung von Kriminalität führe. Eine Prävention findet nicht statt und beseitigt nicht die der Kriminalität zugrundeliegenden sozialen Pro- bleme. Im Wesentlichen besteht aber die Ge- fahr des Missbrauchs der erhobenen perso- nenbezogenen Daten, die mit der Entwick- lung zu einem Überwachungsstaat einher- geht, der das Verhalten der Bürger im öffent- lichen Raum bestimmt. Ungeachtet der datenschutzrechtlichen Proble- matik befassten sich einige empirische For- schungsarbeiten mit der Bewertung der Effek- tivität von VÜ, die weder den Befürwortern noch den Kritikern Recht geben. Die Erfahrun- gen mit der Kameraüberwachung innerhalb  GCM 3 / 2017 einzelner Überwachungsprojekte zeigen, dass vielfältige Faktoren existieren, welche die ge- wünschten Wirkungen in positiver oder negati- ver Weise beeinflussen können. Im Folgenden sollen die Ergebnisse in einer nur kurz skizzierten Sekundäranalyse zur Wirksam- keit der Videoüberwachung dargestellt und so- mit auf die Frage eingegangen werden ob bzw. unter welchen Umständen eine Videoüberwa- chung überhaupt sinnvoll ist. Prvention Die überwiegende Mehrheit der untersuchten Überwachungsprojekte führte zu dem Ergeb- nis, dass die VÜ insgesamt eine gute präventi- ve Wirkung gezeigt hat. Dieses Fazit beruht vor allem auf der Analyse der statistischen Kri- minalitätsentwicklung im Überwachungsbe- reich, wobei jedoch nicht ausgeschlossen wer- den kann, dass andere Präventionsmaßnah- men (mit-)verantwortlich waren. In Großbri- tannien, in dem Land also, wo bereits jetzt eine annähernd flächendeckende VÜ Stan- dard ist, kamen Studien zu dem Schluss, dass die präventive Wirksamkeit variiert. Die höch- sten präventiven Effekte zeigten sich in wenig frequentierten, abgegrenzten, halb-öffentli- chen Arealen. An »unüberschaubaren Orten« mit einem hohen Besucheraufkommen ist der präventive Faktor nicht so stark ausgeprägt. Nicht geklärt werden konnte, ob die Delikte an den dementsprechenden Örtlichkeiten tat- sächlich präventiv verhindert wurden, oder ob sich ein Verdrängungseffekt in nicht über- wachte Bereiche eingestellt hat. Eindeutig positive Resultate wurden in Deutschland erzielt. Durch die schnelle Inter- vention des zur Beobachtung an den Überwa- chungsmonitoren eingesetzten Sicherheits- personals konnte hilfsbedürftigen Personen schnell geholfen werden und eskalierende Si- tuationen im Ansatz bereinigt werden, sodass auch hierdurch eventuelle Straftaten verhin- dert wurden. Dieser Umstand erschwert je- doch valide statistische Aussagen zur krimina- litätspräventiven Wirkung der VÜ und stellt die Frage, ob diese präventive Wirkung auf- grund der installierten Kameras erzielt wurde oder durch den erhöhten Einsatz des Sicher- heitspersonals. Fazit: Prvention Um einen nachhaltigen präventiven Effekt der VÜ zu gewährleisten, sind dauerhafte beglei- tende Maßnahmen wie qualifiziertes Überwa- chungs- bzw. Interventionspersonal notwendig. Verhindert werden geplante Straftaten wie Diebstähle, Körperverletzungen, Raubüberfäl- le, Sachbeschädigungen. Affekttaten, Amok- läufe oder terroristische Anschläge werden nicht verhindert, sondern gegebenenfalls ge- fördert, da der Täter weiß, dass seine Tat auf- gezeichnet und verbreitet wird. repression Die repressive Wirkung der VÜ wurde in den Studien insgesamt schlechter bewertet als ihr Beitrag zur Prävention. Scotland Yard resümier- ten auf einer Sicherheitskonferenz im Jahr 2010 in London, dass sich die VÜ als »ein völliges Fias- ko« herausgestellt habe, da in der britischen Hauptstadt nur drei Prozent aller auf öffentli- chen Straßen begangenen Diebstähle mittels Kameraüberwachung aufgeklärt werden konn- ten. Das Problem lag seinerzeit vor allem in der enormen Informationsflut aufgrund des flä- chendeckenden Ausbaus des Kameranetzes und dem Mangel an gut ausgebildetem Personal für die Auswertung der Videodateien. In Deutschland liegt die mangelhafte repressi- ve Wirkung auch in der Informationsflut und der damit einhergehenden lückenhaften Livebeobachtung. Statistisch wird eine Stunde Bildmaterial durchschnittlich lediglich eine Minute von dem Sicherheitspersonal in der

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